Anwendung einer Druckmessfolie zur sensorgestützten Erfassung mechanischer Drücke an der Zitze im Melkprozess

Dr. Susanne Demba

Melk-FEE GmbH

E-Mail-Kontakt: susanne.demba@melkfee.de

Der Zitzengummi bildet beim Melkprozess die Schnittstelle zwischen der Zitze einer Kuh und dem Melksystem. Ein unsachgemäß arbeitendes Melksystem kann die Zitze beschädigen und das Risiko von Euterinfektionen erhöhen. Um den Einfluss des maschinellen Milchentzuges auf die Zitze zu bewerten, werden verschiedene Scoringsysteme zur Beurteilung der Zitzenkondition hinsichtlich Zitzenfarbe, Schwellungen, Ringbildungen an der Zitzenbasis und Hyperkeratosen eingesetzt (Neijenhuis et al., 2000; Mein et al., 2001). Diese Methoden sind jedoch sehr subjektiv. Daher wurden Methoden zur Erfassung des Druckes, den der Zitzengummi auf die Zitze wirkt, entwickelt. Die Messung des Touch Point sowie die Berechnung der Liner Compression, des Over-pressure, des true milk:rest ratio und des residual vacuum available for massage wurde häufig zur Erfassung der Kräfte auf die Zitze beim Melken verwendet (Alejandro et al., 2014; Mein und Reinemann, 2009; Roşca et al. 2012; Spencer und Jones 2000; Zucali et al., 2008; Bade et al., 2009; Mein et al., 2003; Neijenhuis et al., 2005). In einigen Studien wurde auch die Eignung verschiedener Drucksensoren zur Ermittlung der Zitzenbelastung im Melkprozess getestet. Es kamen Druckmessfolien (Muthukumarappan et al., 1993), Kraftmessdosen (Adley und Butler, 1994; Davis et al., 2001) und piezoelektrische Sensoren (Tol et al., 2010; Leonardi et al., 2015; Roşca et al., 2017) zum Einsatz. Die bisher getesteten Sensoren zeigen jedoch einige Nachteile. Die Sensoren konnten nur mit einem spezifischen Zitzenmodell genutzt werden (Adley  und  Butler, 1994; Davis et al., 2001; Leonardi et al., 2015), die Größe des Sensors und des Messbereiches waren begrenzt (Tol et al., 2010; Roşca et al., 2017) und die Messwerte einiger Sensoren wurden durch das Biegen der Sensoren beeinflusst (Muthukumarappan et al., 1993).

Die Prescale Druckmessfolie von Fujifilm (KAGER Industrieprodukte GmbH, Dietzenbach, Deutschland) gibt es als einlagige und zweilagige Ausführung und wird zur Messung von Drücken und Druckverteilungen angewendet. Auf der Druckmessfolie sind Mikrokapseln angebracht, welche ein Färbematerial enthalten. Wird ein Druck auf die Folie appliziert, platzen die Mikrokapseln, das Färbematerial reagiert mit einem Farbentwickler und die Druckmessfolie färbt sich rot (Abb. 1). Dabei wird die Höhe des applizierten Druckes durch die unterschiedliche Intensität der Rotfärbung angezeigt. Die Prescale Druckmessfolie misst Drücke zwischen 0,05 und 300 MPa (CUFFARO, 2013). Nach den Messungen wird die Folie mit Hilfe einer speziellen Software, welche Parameter wie den durchschnittlichen Druck (AP in MPa), den maximalen Druck (MP in MPa) und die Kraft (Lin N) erfasst, analysiert.

Abb. 1: Messprinzip der Prescale Druckmessfolie (FUJIFILM, 2017)

Da die üblicherweise verwendeten Methoden zur Erfassung der Zitzenbelastung durch der Zitzengummi auf subjektiven Bewertungssystemen oder indirekter Schätzung beruhen und die getesteten sensorgestützten Methoden eine eingeschränkte Verwendbarkeit gezeigt haben, war das Ziel dieser Studie festzustellen, ob die von Fujifilm entwickelten Druckmessfolien zur Messung der Zitzenbelastung beim Melken verwendet werden können.

Material und Methode

Um die Eignung der Druckmessfolie zu überprüfen, wurden die Ultra Super Low (Folie 1) und die Extreme Low (Folie 2) Druckmessfolie (KAGER Industrieprodukte GmbH, Dietzenbach, Deutschland) getestet. Bei beiden Folien handelt es sich um die zweilagige Ausführung, bestehend aus einem A- und einem C-Film. Der A-Film trägt eine Schicht unterschiedlich großer Mikrokapseln und der C-Film enthält eine hochempfindliche Farbentwicklungsschicht. Die mit den Folien messbaren Druckbereiche liegen bei 0,2-0,6 MPa für Folie 1 und 0,05-0,2 MPa für Folie 2.

Beide Folien wurden an einer künstlichen Zitze, hergestellt aus Silikon, getestet. Das Zitzenmodell hatte eine Länge von 56 mm und einen Durchmesser von 21 mm. Das verwendete Silikonmaterial hatte eine Shore-Härte von 25. Die Versuche wurden mit einem konventionellen Melkzeug im Versuchsmelkstand des Leibniz-Institutes für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) durchgeführt. Das Melkzeug war mit dem IQPro Zitzengummi von GEA (GEA Group Aktiengesellschaft, Düsseldorf, Deutschland) ausgestattet. Der Zitzengummi hatte einen Schaftdurchmesser von 24 mm und einen Kopfdurchmesser von 58 mm. Der Durchmesser der Kopfbohrung betrug 21 mm. Alle Messungen wurden in ein und demselben Melkbecher durchgeführt (Abb. 2). Das Betriebsvakuum wurde auf 40 kPa eingestellt.

Abb. 2: Versuchsaufbau für die Anwendung der Prescale Druckmessfolie zur sensorgestützten Erfassung mechanischer Drücke an der Zitze im Melkprozess

Die Druckmessfolie wurde in Stücke geschnitten (35 x 45 mm), welche für jede Messung an derselben Position am Zitzenmodell befestigt wurden. Das mit der Druckmessfolie ausgestattete Zitzenmodell wurde in den Melkbecher eingeführt, so dass der sich einfaltende Zitzengummi den höchsten Druck auf die Druckmessfolie ausübt (Abb. 3). Es wurden für jeden Folientyp 30 Wiederholungen durchgeführt, für jede Wiederholung wurde ein neues Folienstück verwendet.

Abb. 3: Schematische Zeichnung der Position des mit der Druckmessfolie ausgestatteten Zitzenmodells im Melkbecher während der Messungen

Die C-Filme wurden nach den Messungen mit der FDP-8010E-Software analysiert. Um die Eignung der Druckmessfolie zu überprüfen wurden die Messwerte von AP und MP, sowie des farbigen Bereiches (CA) genutzt. Alle Merkmale wurden sowohl für den gesamten Messbereich der Folie als auch für den Bereich des Zitzenendes ausgewertet. Dabei wurde das untere Drittel der Zitze als Bereich des Zitzenendes definiert.

Ergebnisse und Diskussion

Sowohl Folie 1 als auch Folie 2 haben den Druck und die Druckverteilung zwischen einem kollabierenden Zitzengummi und einer künstlichen Zitze gemessen (Abb. 4).

Abb. 4: Druckwerte und Druckverteilung zwischen einem Zitzenmodell (hier schematisch dargestellt) aus Silikon und einem kollabierenden Zitzengummi gemessen mit Folie 1 (links) und Folie 2 (rechts)

Die Ergebnisse zeigen, dass sich beide Folientypen eignen, den mechanischen Druck, den der Zitzengummi beim Melken auf die Zitze ausübt, zu messen. Dabei konnte bei allen Messungen festgestellt werden, dass der Zitzengummi den meisten Druck und den Druck mit den höchsten Werten am Zitzenende appliziert. Die genauen Messwerte werden in Tabelle 1, welche den Mittelwert, die Minimalwerte, und die Maximalwerte von AP und MP für die beiden Folientypen und die jeweiligen Messbereiche zeigt, aufgeführt.

Tab. 1: Mittelwerte, Minimal- und Maximalwerte des durchschnittlichen Druckes (AP in MPa) sowie des maximalen Druckes (MP in MPa) für beide getesteten Folientypen und Messbereiche

Auf Folie 1 hat sich auf 22 % des gesamten Messbereiches und auf 24 % des zitzenendigen Bereiches Farbe entwickelt. Im gesamten Messbereich und im zitzenendigen Bereich von Folie 2 hat sich auf 75 % bzw. 88 % der Fläche Farbe entwickelt. Somit hat sich auf Folie 2 mehr Farbe entwickelt. Teilweise konnten starke Farbentwicklungen im Bereich der Zitzenbasis festgestellt werden. Hier könnte die Lippe des Zitzengummis beim Einführen des Zitzenmodells in den Melkbecher zu einem Platzen der Mikrokapseln auf der Druckmessfolie geführt haben.

In der durchgeführten Studie wurden, je nach Folientyp und Messbereich, Drücke zwischen 0,08 und 0,64 MPa gemessen. Im Bereich des Zitzenendes hat sich bei beiden Folientypen mehr Farbe entwickelt, was bedeutet, dass der Zitzengummi im zitzenendigen Bereich höhere Drücke auf die Zitze ausübt. Diese Ergebnisse stimmen mit denen von TOL ET AL. (2010) überein. Die Autoren fanden ebenfalls heraus, dass der maximale Druck immer auf das Zitzenende ausgeübt wird. Auch die Studien von MUTHUKUMARAPPAN et al. (1994) zeigten, dass der höchste Druck innerhalb der untersten 1-2 mm der Zitzenspitze appliziert wird. TOL et al. (2010) erfassten Druckwerte zwischen 99 und 180 kPa am Zitzenende. Die Druckwerte der vorliegenden Studie waren 3,5-mal höher. Die Ursache dafür könnten unterschiedliche Eigenschaften der jeweils genutzten Zitzenmodelle sein.
Folie 2 wird, verglichen mit Folie 1, als besser geeignet angesehen, den Druck, den der Zitzengummi beim Melken auf die Zitze ausübt, zu erfassen, da sich auf Folie 2 mehr Farbe entwickelt hat. Der definierte, mit Folie 2 messbare Druckbereich könnte eine Erklärung hierfür sein.

Zusammenfassung

Abschließend lässt sich sagen, dass sowohl Folie 1 als auch Folie 2 den Druck und die Druckverteilung zwischen einem Zitzenmodell aus Silikon und einem kollabierenden Zitzengummi gemessen haben. Weitere Studien sind notwendig, um die Eignung der Druckmessfolie, den Druck zwischen einem kollabierenden Zitzengummi und einem Zitzenmodell, welches ähnlicher der Zitze einer Kuh ist, zu erfassen und zu bewerten.

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