Das Melkvakuum und seine physikalischen Darstellungen

Bernd Hennig
AG Melken und Melktechnik
E-Mail: behemo@t-online.de
Februar, 2015

Das Vakuum in der Melktechnik, auch als Melkvakuum bezeichnet, ist unter Melktechnikfachleuten ein oft benutzter Begriff. In der DIN ISO 3918 (Melkanlagen-Begriffe) von 2007 ist im Abschnitt 2.7 dieses Vakuum wie folgt definiert:

„Druck, geringer als der atmosphärische Druck, festgelegt als Absenkung unter den atmosphärischen Umgebungsdruck“.

In der Technik außerhalb des Melkens wird unter dem Begriff Vakuum ein anderer technischer Luftdruckbereich verstanden. Aber auch Melktechnikfachleute müssen durch die historische Entwicklung verschiedener Druckbezeichnungen bzw. durch die Maßeinheiten anderer Länder beim Vergleichen der Drücke (Melkvakuum) Umrechnungen vornehmen. Hinzu kommt noch die Benutzung verschiedener Druckverrechnungssysteme, ähnlich wie bei den Temperaturen (°Celsius und °Kelvin). In diesem Beitrag wird das Melkvakuum in seinen unterschiedlichen benutzten Druckdarstellungen verglichen und im Anhang wird eine Excel-Tabelle zur Umrechnung und zum Vergleichen der Vakuumgrößen zur Verfügung gestellt.

Darstellung von Druckverhältnissen
Physikalisch betrachtet sind alle Vakuumbetrachtungen Druckbetrachtungen. Vakuumangaben sind Druckbetrachtungen die unterhalb des Atmosphärendruckes liegen. Bei den Vakuumbetrachtungen gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Ausgangspunkte:

1. Absolutdruck:
– Ist der Absolutdruck = 0 kPa, dann ist der zu betrachtende Raum leer und hat ideales Vakuum.
– Dieser wird nur aufsteigend zum idealen Vakuum angegeben.
– Er wird vergleichsweise wie die Temperatur °K (Grad Kelvin) benutzt.
– Beispiel: Der meteorologische Luftdruck wird von 0 hPa an aufwärts angegeben.
– Er findet in der Melktechnik Berücksichtigung, wenn z. B. Luftmengen in Messdüsen eingelassen oder Förderluftmengen von Pumpen definiert werden.

2. Relativdruck:
– Dieser wird meist von dem Atmosphärendruck aus, der im aktuellen Betrachtungszeitraum auf die Druckhöhe = 0 kPa gesetzt ist, betrachtet.
– Er wird vergleichsweise wie die Temperatur °C (Grad Celsius) benutzt.
– Beispiel 1: Reifenluftdruck wird ab Atmosphärendruck aufwärts angegeben.
– Beispiel 2: Melkvakuum wird ab Atmosphärendruck abwärts angegeben.
– Er findet in der Melktechnik Berücksichtigung, wenn z. B. die Druckdifferenzen des Melkens und der Pulsation beschrieben werden.

Der atmosphärische Luftdruck unterliegt Wetterschwankungen und ist von der Höhe über dem Meeresspiegel abhängig. Um einen einheitlichen Bezug zu schaffen ist die Definition „Normatmosphäre“ in DIN ISO 2533 festgelegt worden. Sie wird einem Druck einer 760 mm hohen Quecksilbersäule gleichgesetzt. Durch Wetter- und Höheneinflüsse auftretende mögliche Schwankungen zeigt Tabelle 1.

Tabelle 1: reale Druckschwankungen der Atmosphäre im Vergleich zur Normatmosphäre

Darstellung verschiedener Druckgrößen und Druckeinheiten
Die heute gültige Bezeichnung des Druckes ist das Pascal, abgekürzt als Formelzeichen das Pa. Da dies im praktischen Gebrauch eine kleine Einheit ist, wird sie meist in potenzierter Größe angegeben (z. B. sind 100.000 Pa = 1000 hPa = 100 kPa = 0.1 MPa). Druckangaben im metrologischen Bereich sind oft in hPa, in der Melktechnik in kPa und in der Maschinentechnik in MPa angegeben. In ausländischer und auch in älterer deutscher Literatur der Melktechnik sind aber auch noch andere Druckeinheiten angegeben. In der Tabelle 2 sind die wesentlichsten benutzten Druckeinheiten der Melktechnik und ihr Bezug zum atmosphärischen Normdruck sowie ihrer Größe beim Melken zusammengefasst.

Tabelle 2: Verschiedene Druckeinheiten im Vergleich

Die Betrachtung der Vakuumverhältnisse als Absolut- bzw. als Relativabbildung in Kombination mit den verschiedenen Druckeinheiten ist in Tabelle 4 dargestellt. Dabei ist eine in der Praxis oft benutzte Rundung der verschiedenen Druckeinheiten zur einfacheren Handhabung im linkem Block (rot umrandet) eingearbeitet. Daneben ist die physikalische korrekte Darstellung im rechten Block (blau umrandet) abgebildet.

Durch die gerundeten Angaben entstehen in den Tabellen 4 und 5 für jeden Druckwert folgende relative Fehler:

Tabelle 3: Relative Fehler beim Runden der Druckwerte

Die Fehlergröße für die jeweiligen Umrechnungen (gerundete im Vergleich zu korrekten Werten) müssen einzeln geprüft werden.

Tabelle 4: Melkvakuum in Absolut- und Relativdruckdarstellung mit verschiedenen Druckeinheiten


Beachtenswerte Aspekte in Tabelle 4 sind:
– Die Bezugsspalte ist das Melkvakuum im linken Block (rot gedruckt – in kPa).
– In der Ebene einer Zeile sind die Drücke in allen 3 Blöcken immer gleich.
– In der Mitte wird die Druckdifferenz mmWS, die noch in älteren Literaturangaben zu finden ist, angegeben. Da sie in ihrem benutzten Bereich (etwa bis 6 kPa ~ 600 mmWS) als ganze Zahl benutzt wird, kann auf eine höhere physikalische Genauigkeit verzichtet werden.
– Die unterste Zeile zeigt das ideale Vakuum (dieses ist technisch nicht zu erreichen).
– Im rechten Block ist der präzise absolute Druck ebenfalls in Bezug zum Melkvakuum des linken Blockes angegeben.
– Bei der gesamten Darstellung der Druckanteile ist zu erkennen, dass es negativ ausgewiesenes Vakuum geben kann. Der Absolutdruck kann nur positiv sein.
– Nach der technischen Definition ist Grobvakuum von 1 – 30 kPa Absolutdruck,
  Quelle: DIN 28400 Teil1 (Mai1990): Vakuumtechnik, Benennungen und Definitionen

Umrechnungstabelle (im Anhang; für Excel 97 oder höher)

Um den Aufwand für eventuell nötige Vergleiche und Umrechnungen zu senken ist eine Umrechnungstabelle erstellt worden.
Diese excel-Tabelle kann hier heruntergeladen werden (siehe Link unten)

Weitergehende Erläuterungen zur Berechnung mit dieser Tablle und ein Abkürzungsverzeichnis finden sie im pdf-Dokument (siehe Link unten).

Umrechnungstabelle (Excel)
Umrechnungstabelle verschiedene Drücke

 

 

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