Definitionen der Gemelksfraktionen und der Milchanteile im Euter

Autoren: Fachgruppe Melken und Melktechnik der WGM

Die Fachgruppe Melken und Melktechnik der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Milcherzeugerberater e.V. (WGM) hat eine Zusammenstellung der Begriffe der Gemelksfraktionen und Milchanteile im Euter vorgenommen. Besondere Beachtung wurde der Abgrenzung der Begriffe und Anteile untereinander gewidmet. Im ersten Teil sind kurze präzise Formulierungen der Begriffe dargestellt. Der zweite Teil enthält ergänzende Zusammenhänge sowie erläuternde Hinweise zu den Definitionen. 

Einleitung

In den Beschreibungen und Berichten über das Melken und Melkversuche werden teilweise Formulierungen verwendet, die keine eindeutige Reproduktion der einzelnen Gemelksfraktionen bzw. Milchmengen im Euter zulassen. Deshalb hat die Fachgruppe Melken und Melktechnik der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Milcherzeugerberater e.V. (WGM) eine Zusammenstellung der Begriffe der Gemelksfraktionen und Milchanteile im Euter vorgenommen. Besondere Beachtung wurde der Abgrenzung der Begriffe und Anteile untereinander gewidmet. Im ersten Teil sind kurze präzise Formulierungen der Begriffe inklusive einer Grafik dargestellt. Der zweite Teil enthält ergänzende Zusammenhänge sowie erläuternde Hinweise zu den Definitionen. Es werden auch Milchanteile angesprochen die zum Teil bei wissenschaftlichen Untersuchungen aufgeführt sind, aber beim praktischen korrekten Melken keine Berücksichtigung finden. An dieser Stelle sei nochmals allen, die die Mitglieder der Fachgruppe Melken und Melktechnik hierbei unterstützt haben, insbesondere Herrn Prof. Tröger, gedankt.

Definitionen

Gemelksfraktion (oder auch Gemelksanteil)
Eine in einem bestimmten Arbeitsschritt ermolkene Milchmenge oder eine Summe aus mehreren Anteilen. Ihre Menge kann messtechnisch erfasst werden.

Milchanteil
Die im Euter zum Betrachtungszeitpunkt vorhandene Milchmenge. Sie kann messtechnisch in der Menge nicht erfasst werden.

1. Gesamtmilch (GM)
Entspricht aller Milch, die im Euter zum Melkbeginn vorhanden ist.

2. Alveolarmilch (AM)
In Alveolen und Kapillaren gebundene Milch. Als Folge einer Stimulation der Kuh wird diese Milch aus den Alveolen in die Zisternen gedrückt und kann erst dann ermolken werden.

3. Zisternenmilch (ZM)
Milch in den Euterzisternen, die durch Schwerkraft frei abfließen kann. Sie wird auch “lose Milch” genannt.

4. Vorgemelk (VG)
Entspricht den ersten Milchstrahlen aus einer Zitze.

5. Maschinenhauptgemelk (MHG)
Das Maschinenhauptgemelk ist die Milchmenge vom Ansetzen der Melkbecher bis:

  • zum Versiegen des Milchflusses aufgrund der Euterentleerung
  • oder bis zur Unterbrechung des Milchflusses durch eine Abschaltvorrichtung (auch manuell möglich)

Das Maschinenhauptgemelk ist derjenige Anteil, der von der Melkmaschine nach dem Vorgemelk selbsttätig ermolken wird.

6. Blindgemelk (BG)
Blindmelken -> Blindmelken ist das Melken ohne Milchfluss.
Ein Blindgemelk ist die erfasste Milchmenge, die bei einem Michfluss unter einem willkürlich festgelegten Schwellenwert ermolken wird. Dieser Zustand kann zu verschiedenen Zeitpunkten im Melkprozess auftreten.

7. Nachmilch (NM)
Alle Milch im Euter, die nach Abschluss des Maschinenhauptgemelkes vorhanden ist. Sie kann aus den drei Anteilen physikalische Nachmilch (kNM), physiologische Nachmilch (gNM) und Residualmilch (RM) bestehen.

Nachmelken -> Nachmelken erfolgt nach Ende des Maschinenhauptgemelkes und entspricht dem Melken mit Hilfe manueller oder maschineller Manipulation an Euter und Melkzeug.

8. Gesamtnachgemelk (GNG), Restgemelk (RG), physikalische Nachmilch (kNM)
Das Gesamtnachgemelk ist die Summe aus maschinellem Nachgemelk (MNG), dem dazugehörigen Blindgemelk (BG2) und Handnachgemelk (HNG)

9. Maschinelles Nachgemelk (MNG)
Das maschinelle Nachgemelk ist der Teil des Gesamtnachgemelkes (GNG), der durch Manipulation am Melkzeug nach Unterschreiten des Milchflussschwellenwertes („Ende MHG“) gewonnen wird.

10. Handnachgemelk (HNG)
Das Handnachgemelk ist der Teil des Gesamtnachgemelkes (GNG), der unmittelbar nach der Melkzeugabnahme durch Handmelken gewonnen wird.

11. Gesamtgemelk (GG)
Das Gesamtgemelk umfasst folgende Gemelksanteile, insofern sie ermolken wurden: Vorgemelk (VG – wird meist verworfen), maschinelles Hauptgemelk (MHG), maschinelles Nachgemelk (MNG), Handnachgemelk (HNG), mit den dazu gehörigen Blindgemelken (BG).

12. physiologische Nachmilch (gNM)
Physiologische Nachmilch ist bei normalen Melkungen nicht vorhanden. Sie ist die, nach dem Melken noch im Alveolarbereich des Euters vorhandene Milch, die durch eine erneute Stimulation und die dadurch bedingte Ausschüttung von körpereigenem Oxytocin ermolken werden kann.

13. Residualmilch (ResiM)
Residualmilch ist die, nach dem vollständigen Melken und der eventuellen Gewinnung der physiologischen Nachmilch, noch im Alveolarbereich des Euters vorhandene, nicht ermelkbare Milch.

14. Residualgemelk (ResiG)
Das Residualgemelk wird nur bei wissenschaftlichen Untersuchungen gewonnen und ist kein Anteil eines regulären Melkvorganges. Anteile der Residualmilch können nur durch externe Gaben von Oxytocin nach dem Melken in die Euterzisterne freigesetzt und anschließend ermolken werden. Die ermolkene Menge entspricht dann dem Residualgemelk.

15. verbleibende Milch (vResiM)
Milch, die noch nach dem Abmelken des Residualgemelks im Euter verbleibt.

Grafik 1: Milchflusskurve mit den gemelksrelevanten Anteilen

In der Ordinatenachse (y-Achse) sind verschiedene Milchflüsse, ermolkene Milchmengen sowie ein Schwellenwert zur Grenzwertbestimmung dargestellt. Die Abszissenachse (x-Achse) bildet den zeitlichen Verlauf der Melkung ab. In ihrem Verlauf sind die, in den einzelnen Zeitanteilen relevanten, Gemelksanteile eingetragen. Für die schematische Milchfluss- und Milchmengenkurve sind Proportionen gewählt, die eine gute Darstellung der einzelnen Anteile ermöglichen. Die Zahlenangaben in der Grafik sind Beispielangaben, die auf Erfahrungswerten basieren.

Ergänzungen, Zusammenhänge und Ausnahmen zu den Definitionen

Die in den folgenden Punkten (A-H) angegebenen Inhalte sind Hinweise zur Präzisierung der jeweiligen Verhältnisse. Zusammenhängende Darstellungen sind der Fachliteratur zu entnehmen. Stellvertretend sei nur eine Quelle – Melkberatung mit Milchflusskurven- (AUTORENKOLLEKTIV, 2000) genannt.

A. Ausschluss zusätzlicher Einflüsse bei der Erstellung der Definitionen
Störungen, wie beispielsweise ein abfallendes Melkzeug, werden nicht berücksichtigt. Externe Gaben von Oxytocin zum Melkbeginn, die Gemelksanteile verschieben können, werden ebenso außer Acht gelassen.

B. Maßeinheiten
Alle Gemelksfraktionen und Milchanteile sind in Masse [kg, g], Volumen [l, ml] oder Relation [%] zueinander anzugeben. Werden zu den Gemelksfraktionen Zeiteinheiten zur Bestimmung von Dauer oder Fluss benutzt, sind diese in Minuten bzw. Sekunden [min, s] anzugeben. Bei Bruchteilen von Minuten muss ersichtlich sein, ob die Teilung in Sekunden oder dezimal erfolgte.

C. Gesamt- und Viertel-Melkung
Die Definitionen sind für den Gesamtmilchfluss von einem Melkzeug am Gesamteuter und für das Viertelmelken gültig.

D. Bimodalität
Die Bimodalität ist das Absinken des Milchflusses nach dem Ermelken der Zisternenmilch, wenn zu diesem Zeitpunkt die Alveolarmilch noch nicht oder ungenügend eingeschossen ist. Für die Beschreibung des bimodalen Verlaufes während des Melkens ist die Intensität der Absenkung des Milchflusses verständlich darzustellen.

E. Schwellenwerte
Da im Melkprozess die einzelnen Phasen des Milchflusses durch technische (evtl. auch manuelle) Grenzwerte getrennt werden, sind dafür Parameter zu bestimmen. Ein Grenzwert kann durch Unter- oder Überschreiten seines Wertes wirksam werden. Der Grenzwert wird im Melkprozess Schwellenwert genannt. Zur Feststellung eines Schwellenwertes können z. B. der Milchfluss, ein Zeitablauf oder die Milchleitfähigkeit dienen. Übliche Schwellenwerte sind:

  • Schwellenwert zur Bestimmung des Beginns des MHG. Jedoch nur beim Melken in den automatischen Melksystemen (AMS), bei denen die Zitzenreinigung und die Vorgemelksprüfung in den angesetzten Melkbechern ohne nochmalige Abnahme der Melkbecher stattfinden.
  • Schwellenwert zur Bimodalitätsbestimmung
  • Schwellenwert zur Veränderung der MHG-Parameter
  • Schwellenwert zur Bestimmung des Abschluss MHG
  • Schwellenwert zur Bestimmung des Abschluss MNG

Für die Formulierung und die Größe der Schwellenwerte existieren keine einheitlichen Angaben. Sie werden häufig subjektiv durch Autoren, Hersteller von Melktechnik und Software, sowie durch Anwender festgelegt.

Ergänzende Darstellungen zu den jeweiligen Definitionen

1. Gesamtmilch
Die Gesamtmilch umfasst zu Melkbeginn die zwei Anteile der Zisternenmilch und der Alveolarmilch.

2. Alveolarmilch (AM)
Die Alveolen sind hauptsächlich im oberen Teil des Milchdrüsengewebes. In ihnen findet stetig die Milchbildung statt. Die Alveolarmilch ist die Milch in den Alveolen und kapillaren Milchgängen, die nicht durch Schwerkraft abfließt. Das durch Stimulation aus dem Hypophysen-Hinterlappen in die Blutbahn eintretende Hormon Oxytocin bewirkt die Kontraktion der Korbzellen im Euter. Dadurch werden große Anteile der Alveolarmilch in die Euterzisterne gedrückt und ermelkbar. Es kann nie alle Milch zum Melken freigesetzt werden. Der verbleibende Rest nach dem Melken ist die Residualmilch. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen können unterschiedlichen Reizstärken der Stimulation mit gezielt eingesetzten Teilejektionen gewonnen werden. Durch eine in den Zitzenkanal eingeführte Kanüle, kann anhand der im Verhältnis ausgetretenen Alveolarmilchmengen die Reizstärke ermittelt werden. (WEHOWSKY et al, 1986).

3. Zisternenmilch (ZM)
Zisternenmilch, auch “lose Milch” genannt, ist die Milch, die sich in den größeren Milchgängen und den Zitzen- und Euterzisternen befindet. Sie wird nicht durch Kapillarkräfte sondern durch den Zitzenschließmuskel im Euter gehalten. Diese so vorkommende Milch ist bereits vor Melkbeginn in den Zisternen enthalten und kann durch Schwerkraft abfließen. Werden in die Zitzenkanäle Kanülen eingeführt, kann diese lose Milch abfließen. Ihre Menge lässt sich im praktischen Melkprozess nicht quantitativ erfassen; sie stellt somit keinen separaten Gemelksanteil dar. Vor dem Melken sind bei Milchkühen im Mittel etwa 20 % der Gesamtmilch als Zisternenmilch vorhanden (BRUCKMAIER ET AL., 2007). Durch die Stimulationswirkung fließt Alveolarmilch in die Zisterne. Ab diesem Zeitpunkt entsteht ein Gemisch von Zisternenmilch und zugeflossener Alveolarmilch. Erst wenn beim Melkvorgang der Milchfluss aus den Zitzen größer ist als der aus den Alveolen nachfließende Milchfluss, beginnen sich die Euterzisternen zu leeren.

Die Zisternenmilch enthält bei Kühen in der Regel etwa zwei bis drei Prozentpunkte weniger Fett als die Alveolarmilch (AYADI ET AL., 2004).

Bei der Bewertung der Menge der Zisternenmilch im Euter (viel, wenig, leer) ist unbedingt der Abschnitt des Melkvorganges präzise zu beschreiben. Durch das Saugmelkprinzip und den daraus resultierenden Kräften bleibt stets ein Anteil loser Milch im Euter, der aber auch sehr klein sein kann (Pkt. 10 Handnachgemelk -> Kontrollgemelk)

4. Vorgemelk (VG)
Dieser Gemelksanteil wird auf Grund des geringen Anteiles in der Mengenerfassung des Gesamtgemelkes selten berücksichtigt. Das Vorgemelk dient der Kontrolle der Eutergesundheit und der Milchqualität und wird nach der Begutachtung im praktischen Melkablauf verworfen.

Bei aufwendigen Probenahmen ist zu beachten, dass es nach der Latenzzeit zur Vermischung zwischen Zisternen- und Alveolarmilch kommt. Da sich die Zusammensetzung der Milch verändert, werden die Proben mit Einsetzen der Milchejektion als Viertelanfangsgemelke bezeichnet. Beim konventionellen Maschinenmelken wird das Vorgemelk durch Melken mit Hand gewonnen. Es wird empfohlen 2 bis 3 Strahlen abzumelken (DLG Handbuch zum DLG- Bundeswettbewerb Melken 2016, ergänzt mit persönlichen Hinweisen FRANCKE, 2016). Auch in der DIN ISO 3918 (2010) ist das Vorgemelk als „erste Milchstrahlen aus einer Zitze“ definiert.

Bei AMS erfolgt das Abmelken der ersten Milchstrahlen maschinell. Der exakte Ablauf des Vormelkens ist je nach Hersteller unterschiedlich.

5. Maschinenhauptgemelk (MHG)
Für die Festlegung des Prozessabschnittes „Gewinnung des Maschinenhaupt- gemelkes“ ist es unerheblich, ob der Milchentzug optimal gelingt oder das Maschinenhauptgemelk durch negative Einflüsse verringert wird. Während des Maschinenhauptgemelkes können Melkparameter verschiedenartig wirken z.B.:

  • Stimulation
  • Pulsationsänderung
  • Änderung des Melkvakuums
  • unterschiedliche Zugkräfte und Zugrichtungen des Melkzeuges

Dabei können Maßnahmen (z.B.: Erhöhung der Zugkraft am Melkzeug oder Pulsphasenverschiebungen) von Beginn an oder erst während des Entzuges des maschinellen Hauptgemelkes darauf hinwirken, dass mehr Milch für diesen Gemelksanteil entzogen werden kann (Erhöhung des Ausmelkgrades des maschinellen Hauptgemelkes)

Durch ungenügende Stimulation (WEHOWSKY ET AL., 1974; BRUCKMAIER ET AL, 2007) oder negative Einflüsse (z.B. verdrehtes Melkzeug (ROSE, 2005)) kann sich das Maschinenhauptgemelk auch verringern.

Wird bei einem hohen Milchfluss (bei etwa 1 kg/min) eine Ausmelkvorrichtung zugeschaltet, begünstigt und beschleunigt sie das maschinelle Melken und somit das maschinelle Ausmelken des Hauptgemelkes.

Es lassen sich dann aber keine Mengenrückschlüsse über ein unbeeinflusstes maschinelles Nachgemelk, als den nachfolgenden Teil vom Hauptgemelk, erfassen.

Einen wesentlichen Einfluss kann auch der Schwellenwert, der das MHG beendet, auf dessen Ausprägung (Menge, Dauer) haben (z.B. Steuerung der Abnahmeautomatik).

6. Blindgemelk (BG)
Blindmelken kann es in verschiedenen Phasen der Melkung geben. Blindmelken kann auftreten, obwohl sich noch Milch in den Eutervierteln befindet.

Im praktischen Melken sind die Menge und der Milchfluss des Blindgemelkes bedeutungslos und werden deshalb selten ausgewiesen. Die ermolkene Blindgemelksmenge wird dann dem zugehörigen Melkabschnitt zugerechnet.

Wegen der negativen Beeinflussung des Zitzengewebes während dieser Melkdauer ist die Blindmelkzeit jedoch von wesentlicher Bedeutung (EDWARDS ET AL., 2013).

Blindmelken kann nur für jede Zitze einzeln beurteilt werden. Wegen der technischen Erfassbarkeit wird beim konventionellen Melken das Blindmelken aber meist am Schwellenwert des Gesamtmilchflusses des Melkzeuges (alle vier Zitzen) beurteilt. Da es beim Melken oft nacheinander aussetzende Milchflüsse an den Zitzen gibt, findet fast immer ein Blindmelken einzelner Zitzen ,bei einer Gesamtmilchstromkontrolle, statt.

Hohe Schwellenwerte zum Abschalten des maschinellen Hauptgemelkes reduzieren das Blindmelken, aber sie verringern das maschinelle Hauptgemelk.

Typische Momente, in denen Blindmelken auftreten kann, sind:

  • Nach dem Melkbecheransetzen bis der Milchfluss einsetzt (ohne spezielle Bezeichnung des Blindgemelkes)
  • Bei starken Bimodalitäten (ohne spezielle Bezeichnung des Blindgemelkes)
  • Vor Beendigung des Maschinenhauptmelkens; Es ist das Blindgemelk 1, es wird oft nur Blindgemelk genannt
  • Vor Beendigung des Maschinennachmelkens; Es ist das Blindgemelk 2

Werden bei präzisen Untersuchungen Blindgemelke ausgewiesen, sollte erkennbar sein, zu welchen Gemelksanteilen sie gehören.

Zur Überprüfung der Parameter des Blindmelkens (Dauer, Milchmenge, Fluss) ist die Definition zum benutzten Schwellenwert für den Beginn der Blindmelkung zu formulieren. Aus der Analyse des Blindmelkens lassen sich Rückschlüsse über den Melkablauf und die Funktionsgrenzen der Schwellwertermittlung für den Melkprozess ziehen.

7. Nachmilch (NM)
Die Nachmilch ist die Menge an Milch, die nach Abschluss des Maschinenhauptmelkens noch im Euter verblieben ist. Eine Unterscheidung der Nachmilchanteile wird nach der Gewinnbarkeit und dem Ort ihres Verbleibens definiert. Durch ungenügende Verringerung der Nachmilch (durch ungenügende Stimulation, kein optimales MHG, keine Nachgemelksgewinnung) vergrößert sich der Anteil der nach dem Melken im Euter verbliebenen Milch und senkt den Laktationsertrag (EBENDORF, 1986).

Die Menge ist im Wesentlichen von vier Einflüssen abhängig:

  • tierindividuelle Varianz
  • Schwellenwerte
  • Der Stimulationswirkung beim Milchentzug
  • Melkparameter, die während des Hauptgemelkes wirken

Die Nachmilch besteht aus drei Anteilen.

Physikalisch bedingte Nachmilch (kNM)

Die physikalisch bedingte Nachmilch ist die lose Milch in den größeren Milchgängen und Zisternen des Euters, die vom Melkzeug nicht selbständig gewonnen werden kann (physikalisches Nachgemelk). Dabei ist es unerheblich, ob die Unterbrechung des Milchentzuges durch den Verschluss der Euter-Zitzen-Passage oder durch die Unterbrechung des Melkens durch den gering gewordenen Milchfluss (Schwellenwert) eingeleitet wurde.

Die Gewinnung der physikalisch bedingten Nachmilch kann sowohl als maschinelles Nachmelken oder Handnachmelken erfolgen.

Eine Kuh, die 48 l Gemelk am Tag hat, produziert etwa 1 l pro 30 min in den Alveolen. Deshalb ist bei der Untersuchung und Beurteilung des physikalischen Nachgemelkes auf sofortigen Milchentzug nach dem vorangegangenem Melkabschnitt zu achten (siehe auch Pkt. 6, Pkt. 8, Pkt. 10).

Physiologisch bedingte Nachmilch (gNM)

Die physiologisch bedingte Nachmilch ist der Teil, der in den Alveolen und eventuell in den kleinen Milchgängen des Euters gespeichert ist und durch die Stimulation vor und während des Melkprozesses nicht in die Milchgänge und Zisternen überführt wurde. Sie kann durch nochmals freigesetztes körpereigenes Oxytocin, z. B. durch intensive Handstimulation, gewonnen werden. Dies zeigt aber einen unvollständigen Melkprozess an (siehe auch Pkt. 12).

Residualmilch (ResiM)

Die Gewinnung der Residualmilch ist mit einem normalen Melkprozess nicht möglich (siehe auch Pkt. 13, Pkt. 14, Pkt. 15).

Nachmelken

Zwischen dem MHG, MNG und HNG können beim Melkvorgang Pausen liegen, die nicht näher definiert sind, aber für einen positiven Melkablauf möglichst entfallen, zumindest aber kurz gehalten werden sollen.

Bei einem beispielhaften Tagesgesamtgemelk von 48 l wird in 30 Min ein Liter Milch gebildet. Um den Einfluss neu gebildeter und durch Eutermanipulationen nachejezierter Milch zu minimieren, muss bei Untersuchungen der Gemelksfraktionen am Melkende die Milch ohne Zeitverlust gewonnen werden.

8. Gesamtnachgemelk (GNG), Restgemelk (RG), physikalisch bedingte Nachmilch (kNM)
Das Gesamtnachgemelk setzt sich aus folgenden Anteilen zusammen:

  • maschinelles Nachgemelk (MNG)
  • Blindgemelk 2 (BG2)
  • Handnachgemelk (HNG)

In der Grafik 1 wird der relative unterschiedliche Anteil der physikalischen Nachmilch in Abhängigkeit von der Maschinenhauptgemelksmenge dargestellt. (siehe auch Pkt. 7)

9. maschinelles Nachgemelk (MNG)
Das maschinelle Nachgemelk lässt sich gewinnen, indem durch Zug am Melkzeug eine Streckung des Eutergewebes erreicht und die Euter-Zitzen-Passage wieder geöffnet wird. Bei der Manipulation am Euter wird nicht zwischen manueller und automatisierter Verfahrensveränderung am Melkzeug (Zugkraft- und Zugrichtungsänderung) unterschieden. Eine Eutermassage zur Erhöhung des maschinellen Nachgemelkes ist dabei jedoch unüblich und wird nur für therapeutische und versuchstechnische Zwecke eingesetzt.

10. Handnachgemelk (HNG)
Praxisüblich wird das Handnachgemelk nur als Kontrollgemelk gewonnen. Dabei wird unmittelbar nach der Melkzeugabnahme die physikalisch bedingte Nachmilch durch Handmelken gewonnen.

Das Kontrollmelken findet (fast nur) unter Prüfbedingungen (z. B. Melkwettbewerb oder Melkarbeitskontrolle) statt. Eine Eutermassage zur Erhöhung des Handnachgemelkes ist dabei jedoch unüblich und wird nur für therapeutische Zwecke eingesetzt.

Der manuelle Entzug zur Mengenkontrolle darf keine Milch erfassen, die durch eine erneute Stimulation (das Ausschütten einer wirksamen Dosis von Oxytocin) freigesetzt wird. Die Zeitdauer zwischen einem taktilen Reiz und der dadurch bedingten Milchejektion beträgt im Mittel etwa eine Minute (LOHR ET AL, 1976).Diese Zeitdauer liegt bei einer geringen Euterfüllung aber bei mindestens einer Minute (BRUCKMAIER ET AL, 2001), deshalb, wird das Kontrollgemelk auf maximal eine Minute begrenzt (vgl. auch DAVIS ET AL, 2001).

11. Gesamtgemelk (GG)
Das Gesamtgemelk ist die Summe der gemessenen Anteile, Maschinenhauptgemelk, Maschinennachgemelk, Handnachgemelk und, wenn sie messtechnisch ausgewiesen sind, die Blindgemelke. Das Vorgemelk wird meist nicht berücksichtigt. Damit entspricht das Gesamtgemelk auch dem Begriff „gemolkene Milch“.

Wird die Milch nach dem Vormelken mit der Hand vollständig ermolken, erhält man die Gemelksanteile untrennbar als einen Gemelksanteil.

12. physiologische Nachmilch (gNM)
Die physiologische Nachmilch entsteht bei normalen Melkungen mit vollwertiger Stimulation nicht.

Kühe, die vor und während des Melkprozesses nicht ausreichend stimuliert wurden bzw. an physiologischen Störungen leiden oder, z.B. an unterbrochene Melkabläufe gewöhnt wurden, können nochmals Milch durch intensive Handstimulation ejizieren. Dies ist dann die physiologische Nachmilch. Durch ungenügende Stimulation vergrößert sich der Anteil der nach dem Melken im Euter verbliebenen Milch und senkt den Laktationsertrag (EBENDORF, 1986). (IVÁNCSICS, 1972).

13. Residualmilch (ResiM)
Nach der Gewinnung des maschinellen Haupt- und des Gesamtnachgemelkes ist im Alveolarbereich des Euters unabwendbar noch Milch vorhanden.

Anteile der Residualmilch können durch eine externe supraphysiologische Dosis von Oxytocin freigegeben werden.

Hat die Kuh noch physiologische Nachmilch im Euter können die Anteile der physiologischen Nachmilch, ohne ihre Gewinnung, nicht von den Anteilen der Residualmilchmenge unterschieden werden.

14. Residualgemelk (ResiG)
Anteile der Residualmilch können nur durch externe Gaben von Oxytocin (supraphysiologische Dosis) freigesetzt und dann ermolken werden (IVÁNCSICS, 1972). Die Residualmich ist in der Regel sehr fettreich (> 8 %) (TRÖGER, 1978). Die Menge dieses Milchanteils kann sehr unterschiedlich sein. Es ist bisher nicht klar, wovon diese Menge abhängt. Es sind unter Umständen mehrfache Freisetzungen möglich (ohne wissenschaftliche Belege). Das Residualgemelk kann maschinell, mit Hand oder mit Zitzenkatheter gewonnen werden (WEHOWSKY ET AL., 1986).

Eine Wirkung der Gewinnung der Residualmilch auf die Milchbildung für die dann zur nächsten Melkzeit vorhandene Menge und Inhaltsstoffe der Gesamtmilch ist nach unserer Kenntnis wissenschaftlich nicht belegt.

15. verbleibende Milch (vResiM)
Dies sind Milchanteile, die auch nach einer Residualgemelksgewinnung im Euter verbleiben. Es gibt keine Gewinnungsmethoden und keine wissenschaftlichen Beschreibungen dazu.

Das Inhaltsverzeichnis, Abkürzungsverzeichnis und die Literaturnachweise entnehmen Sie bitte dem PDF-Beitrag.

Weitere Beiträge

Melktechnik

Schaltpunktprüfung an Milchflussindikatoren

Fachgruppe Melken und Melktechnik Bernd Hennig Dipl.-Ing.behemo@t-online.de Prof. Dr. Lutz Daßler Berufsakademie Sachsen – Staatliche Studienakademie DresdenUniversity of Cooperative EducationHans-Grundig-Straße 2501307 Dresdenlutz.dassler@ba-dresden.de Beim Beurteilen des

Weiterlesen »